An der Grenze von Myanmar





Kein Schrei nach Leben war zu hören
ganz leis‘ betrat sie diese Welt.
Sie würde ihr niemals gehören,
ihr Leben würde nicht gezählt.

Aus furchtsamen Geschwisteraugen,
so etwa zwanzig an der Zahl,
beäugt, geschätzt, würd sie was taugen?
Sie glauben nicht - zu klein, zu schmal.

Man würde sie nach Thailand schaffen,
der Preis bringt Reis für viele Tage.
Dort können Kerle sie begaffen
und sie wird reich, ganz ohne Frage.

Nun ja, vier Jahre sollte sie schon sein,
vielleicht würd‘ sie den Bruder treffen.
Der ging ganz freiwillig, allein,
erhoffte Geld und reichlich Essen.

Die Kleine hält die Augen zu,
wofür sich diese Welt anschauen?
Besiegelt ist ihr Los, wozu
dem Glück des Lebens erst vertrauen?

veredit - isabella kramer 2008


Wichtige Links zu diesem Thema: http://www.stopchildtrafficking.org/site/uploads/media/deutsch/myanmar.pdf http://www.worldvision.at/

Kinderglück in Ternopil

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Die U-Bahn donnert durch den Limbus
Frostnacht zerrt an den Plastikdecken
‘ne Tüte Schnüffeln für den Genuss
soll‘n doch die Ratten erst verrecken

nett ist’s im Vorhof unserer Hölle
hier biste sowas von allein -
sollt‘ dich der Kohldampf doch mal quälen
dann ziehste noch ‘nen Propper rein

die Erde ist bestimmt ne Scheibe
und hier steht man an ihrem Rand
doch besser diese Elendsbleibe
als ständig Glück von Vaters Hand

zu Futtern gibt es hier und dort nischt
der Tod zieht jede Nacht die Runde
wenn dann dein Freier auch noch aufmischt
dann geh‘ste kläglich vor die Hunde

man schätzt wir sind so 40.000 -
Ukrainer war'n mal richtig satt
wir hatten Korn und konnten schmausen
nu wer'n nur noch die Bonzen satt



veredit©08




das Foto commons wikimedia The game of the morra in Naples - Photo by Alinari bros. Street children playing morra in Naples in 1890

Inselstille - Pantum




Karges Land in müden Farben
Ocker, grau und weißer Stein
Sanfte Heilung alter Narben
Seele kann sich selbst befreien

Ocker, grau und weißer Stein
Sonnenwarm und windgeschliffen
Seele kann sich selbst befreien
Meerumtost mit scharfen Riffen

Sonnenwarm und windgeschliffen
Inselstille, Zeit gegeben
Meerumtost mit scharfen Riffen
Hoffnung kehrt zurück ins Leben

Inselstille, Zeit gegeben
Karges Land in müden Farben
Hoffnung kehrt zurück ins Leben
Sanfte Heilung alter Narben


veredit©15.06.08

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Jahrgangsspanier



Steingraue Augen, wie Wintermeere,
mittschiffs getroffen und völlig versenkt.
Endlose Blicke, im Kopf nur die Leere -
der Anfang vom Ende - einfach geschenkt.

Kann mich ja selbst gleich zu Asche verbrennen
- oder mich schlicht nur Idiotin nennen.

veredit©08

Seegefühle


Sommerhitze,
nur wir
libellenzählend

auf heißen Holzplanken
nackt bis zu den Zehen
Sterne auf Wellen


lassen sie am Ufer
zerschellen

sprachlos
vor Hitze – schon längst
Hände ganz nah

verschmolzen, einst
Herz und Gedanken
du – ich, ich – du

veredit©08




auch als Hörversion verfügbar:http://veredit-toene.podspot.de/, einfach Link anklicken Titel aufrufen und reinhören.... viel Vergnügen!

Skylla und Charybdis

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glaubte
keiner besitzt Antworten

während eisige Felsen
Erleichterung zwingen

tiefdunkel
ob ihrer Passage Absichten





veredit©08
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Haiku 01-05-08





Haar voller Sterne
im Waldmeisterblick ganz zart
weiß-grüner Pulsschlag






veredit©08







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Knopfgeschichten







In einer arg verbeulten Dose,
ganz hinten im Regal versteckt,
ruhen zahllose Knöpfe, alt und lose,
schon längst vergessen ist ihr Zweck.

Dabei bestimmten diese Teilchen,
in ihren besten Tagen stets,
ein bindend Stückchen unseres Weilchen,
auf diesem unseren Planet.

Ohne die goldenen, welch große Schande,
ein General wär' unsichtbar.
Die schmucken Uniformen im Lande,
wär'n völlig nackt und unscheinbar.

Sie könnten niemandem mehr zeigen,
hier paradiert ein Spezialist.
Denn Zwirn, ganz knopflos, kann nur heißen,
dass drin ein wahrer Niemand ist.

Doch gibt's auch kleine, die in Herzform,
geschmückt haben manch zarte Brust.
Die, als des Lebens kalter Herbst kam,
verbissen wurden abgezupft.

Ersetzt durch einen Reißverschluss.
Da ist der Name schon Programm.
Erst wird gerissen, dann kommt Schluss,
am End' zieht niemand mehr daran!

Gebannt lauscht man den Wäscheknöpfen.
Wenn die erst ins Erzählen kommen!
Von roten, aufgelösten Zöpfen,
wie Seidenwellen, ganz verschwommen.

Von Seufzern und von wildem Stöhnen:
„Ach Kinder, ich könnt' Sachen sagen!
Stattdessen wir hier Trübsal frönen,
nur träumen können von alten Tagen.“

Gar wichtig sind die Mantelknöpfe,
sie glauben, sie sind alter Adel.
„Ein großes Horn - macht große Knöpfe!“
Man nickt, zustimmend, ohne Tadel.

Dabei die Lässigsten der Träger,
die niemals auch nur einmal schlossen,
die froren lieber, wie der Jäger,
der statt dem Bock, den Hund erschossen.

Ach, Formen gibt es schier unzählig:
Aus Horn, aus Glas und Perlenschimmer,
sogar aus Blech, nur scheinbar schäbig,
doch zählt ihr Gestern jetzo nimmer.

Vergessen ruhn sie in der Schachtel,
nur manchmal kommt die runzlig‘ Hand,
der netten alten, grauen Wachtel
und streicht ganz zärtlich jeden Rand.

Sie murmelt dabei leise Worte,
sucht sich den Kleinsten immer aus,
den blauen Hemdknopf mit der Borte,
fischt sie mit zarten Fingern raus.

Führt ihn ganz sacht an ihre Augen,
drin glitzern Tränen, eine tropft,
haucht einen Kuss drauf – kaum zu glauben,
dann wird er sanft zurück gestopft.

„Du warst mein Einzig!“ sagt sie heiser,
die Knöpfe hoffen stets auf mehr.
Doch nur ein Blick noch, schnieft und leiser:
„Je nun, vorbei!“ kommt hinterher.

Energisch schließt sie dann den Deckel,
die Knopfmannschaft umfängt die Nacht.
Den Rest des Lebens im Verlies -
ja, so weit haben sie’s gebracht.









veredit©isabella kramer 07-08-10


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