Geheimnis im Moor - oder dennoch





Oh ja, sie hatten ganze Arbeit geleistet, die Lichträuber, und über die weite, aller Farben beraubte Moorlandschaft drohte sich der Schleier aus Trostlosigkeit zu legen. Wäre da nicht an jedem Abend, in den letzten Minuten des bisschen sterbenden Lichtes eines grau getönten Tages dieser zarte, lachsfarbene Hauch am Himmel hinter den entlaubten, knorrigen Bäumen gewesen. Wie ein tröstendes Lächeln breitete sich ein feiner Streifen am unteren Rand der schweren Wolken aus, zog funkelnde Schlieren über den opalschwarzen See. Und dieser wartete scheinbar nur auf den Wind, der stets aus Osten kommend und mit Kälte gefüllt die dunkle Oberfläche kräuselte. Es war als zwinkerten die beiden sich zu, der rosa Lichtatem und der unergründliche See, als wären sie Verbündete. Hierher kamen die Grauen nicht auf ihrem Raubzug, glaubten, hier wäre nichts mehr zu holen und alles hätte sich längst ins Unabwendbare ergeben.

Sie erschien jeden Abend, setzte sich auf den großen Findling am Seeufer und genoss die Existenz dieses scheinbar irrealen Ortes. Der Wind zerzauste ihre Locken noch mehr, als es sowieso bei ihrer widerspenstigen Fülle immer der Fall war. Sie ließ ihm sein Spielzeug. Friedlich, entspannt und auf eine seltsame Weise erleichtert träumte sie mit halbgeöffneten Lidern in die Lichtstreifen des Sees. Erst wenn die Nacht endgültig hereingebrochen war, die Dunkelheit für heute tatsächlich gesiegt hatte, ging sie. „Bis Morgen“, flüsterte sie den tanzenden Reflexen zu und auf ihrem Heimweg durch das Moor sang sie ein fröhliches Lied.








isabella kramer© veredit 2012 



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2 Kommentare:

  1. always enjoy coming around your blog for your photographic poems. greetings,
    Jorge

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  2. dear Jorge,

    many thanks for your visit and your nice comment. I'm so glad that you like it. This here is more a blog for my words ... with photographs - of course ;)

    warm hugs and a beautiful Sunday for you,
    isabella

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